Folgende Grundkonstellation liegt dem entschiedenen Fall zugrunde:
Durch die freigegebene selbstständige Tätigkeit des Insolvenzschuldners während der Insolvenz entsteht ein Steuererstattungsanspruch, hier ein Erstattungsanspruch von überzahlter Einkommensteuer. Nun stellt sich die Frage, wem dieser Erstattungsanspruch zusteht, der Insolvenzmasse oder dem Insolvenzschuldner.
Die Insolvenzverwalter haben in der Vergangenheit immer wieder versucht, diese Steuererstattungsansprüche, sei es aus Umsatzsteuer oder auch aus Einkommensteuer, für die Insolvenzmasse einzuziehen. Umgekehrt waren die Finanzämter bemüht, diese Steuererstattungsansprüche mit steuerlichen Altforderungen aus der Zeit vor der Insolvenz zu verrechnen. Für die Umsatzsteuer hat der Bundesfinanzhof bereits im Jahre 2010 entschieden, dass die Finanzverwaltung Umsatzsteuererstattungsansprüche des „freigegebenen“ Insolvenzschuldners mit Altverbindlichkeiten aus der Zeit vor der Insolvenz verrechnen kann. So verhält es sich nun auch mit überzahlten Einkommensteuervorauszahlungen. Auch hier kann das Finanzamt mit steuerlichen Altforderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung verrechnen (FG Münster, Az.: 14 K 1917/12 AO).
Für Berater, die Mandanten betreuen, die im Rahmen der Insolvenz eine selbstständige Tätigkeit ausüben, ist diese Entscheidung durchaus von Bedeutung. Sie bedeutet nämlich auch, dass der Insolvenzschuldner, der keine Altverbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt hat, den Steuererstattungsanspruch für sich vereinnahmen kann.