Der Bundesgerichtshof hat durch Beschluss vom 22.11.2012, Az. RZ 1 StR 537/12, klargestellt, dass eine Steuerhinterziehung bereits dann verwirklicht ist, wenn ein unrichtiger Feststellungsbescheid mit Bindungswirkung ergangen ist. Bereits bei Bekanntgabe des bindenden Feststellungsbescheides ist die Steuerhinterziehung somit verwirklicht. Es ist nicht erforderlich, dass der Folgebescheid ergeht, der dann zu einer falschen Steuerfestsetzung führt.
In dem hier entschiedenen Fall hatte das Landgericht Hof den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung verurteilt, weil dieser durch unzutreffende Angaben bewirkt hatte, dass unzutreffende Feststellungsbescheide ergangen waren. Das Landgericht Hof hatte in der Urteilsbegründung nicht festgestellt, ob es in Folge dieser zu niedrigen Feststellungsbescheide zu einem Steuerausfall wegen zu niedriger Steuerfestsetzung gekommen war. Den zu niedrig festgesetzten Feststellungsbescheid ließ das Landgericht Hof ausreichen, um das Tatbestandsmerkmal des „nicht gerechtfertigten Steuervorteils“ als verwirklicht anzusehen.
Hiergegen hatte sich der Verurteilte im Wege der Revision gewendet. Der Verurteilte war der Auffassung, dass sich das Landgericht Hof in seiner Urteilsbegründung ausführlich mit dem potentiell entstehenden Steuerschaden hätte befassen müssen. Er verwies hierzu auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den Tatbeständen der Untreue und des Betrugs. Bei beiden Tatbeständen ist der Vermögensschaden im Einzelnen darzustellen.
Der Bundesgerichtshof hat dieser Rechtsauffassung eine Absage erteilt. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass es für die Verwirklichung einer Steuerhinterziehung nicht darauf ankommt, ob am Ende des Tages tatsächlich ein Steuerschaden entsteht oder nicht. Allein die unzutreffende Festsetzung des Grundlagenbescheids stellt bereits eine Vollendung des Tatbestands dar. Aufgrund der Bindungswirkung des Feststellungsbescheids ist die Steuerhinterziehung bereits mit Bekanntgabe des Feststellungsbescheids vollendet. Das erkennende Strafgericht muss sich daher nicht damit beschäftigen, ob in der Folge zu niedrige Steuern festgesetzt wurden oder nicht.